Verletzen Mini-Bratwürstchen die geschützte geografische Angabe zu Nürnbergern?

Ein spannender Fall beschäftigt derzeit die Justiz in Bayern. Die Frage: Darf die Firma Ostermeier aus Geiselhöring Mini-Rostbratwürstchen herstellen und verkaufen, obwohl diese dem Original Nürnberger Bratwurst zum Verwechseln ähnlich sehen?

Im Markenrecht gibt es einige Spezialdisziplinen, die nur selten Aufmerksamkeit erhalten. Dazu gehören die Herkunftsangaben wie die „geschützten geografischen Angaben“ und die „geschützten Ursprungsbezeichnungen“.

Bekannte geschützte Ursprungsbezeichnungen sind Champagner, Parmaschinken oder Feta. Hinter diesen Bezeichnungen stecken komplexe Regelwerke, die genau definieren, wann beispielsweise ein Parmaschinken sich so nennen darf. Es ist genau festgelegt, woher das Schwein kommen muss, wie und wo es getrocknet werden darf, wie lange es reifen muss u.v.m.. Laut einem aktuellen Gerichtsurteil muss der Parmaschinken beispielsweise sogar in Parma geschnitten werden. Ein Scotch darf nur Scotch heißen, wenn wirklich alles am Produkt aus Schottland kommt, inklusive der Flasche und dem Etikett.

Hier ein paar Beispiele:

Käse:

  • Allgäuer Bergkäse g.U.: Mindestens vier Monate gereift, nur aus Milch aus dem Allgäu
  • Bayerischer Blaukäse g.U.: Mindestens 30 Tage gereift, nur aus Milch aus Bayern
  • Odenwälder Frühkäse g.U.: Verwendung regionaler Zutaten, traditionelle Herstellung

Fleisch und Wurstwaren:

  • Schwäbische Spätzle g.U.: Verwendung von Eiern, Mehl, Salz und Wasser, Herstellung nach überliefertem Rezept
  • Nürnberger Rostbratwurst g.U.: Schweinefleisch, Rindfleisch, Majoran, Salz und Pfeffer, max. 9 cm lang
  • Thüringer Rostbratwurst g.U.: Schweinefleisch, Rindfleisch, Majoran, Salz und Pfeffer, mind. 7 cm lang

Obst und Gemüse:

  • Holsteiner Cox g.U.: Apfel-Sorte mit säuerlichem Geschmack, Anbau im Holsteiner Hügelland
  • Badischer Spargel g.U.: Spargel mit weißem Schalenende, Anbau in der Rheinebene
  • Äpfel aus dem Alten Land g.U.: Verschiedene Apfelsorten, Anbau im Alten Land an der Elbe

Andere Lebensmittel:

  • Dresdner Christstollen g.U.: Hefeteig mit Rosinen, Mandeln und Zitronat, besondere Form
  • Freiburger Münsterkäse g.U.: Weichkäse mit mild-cremigem Geschmack, Herstellung in Freiburg
  • Lübecker Marzipan g.U.: Verwendung von Mandeln, Puderzucker und Rosenwasser, mindestens 70% Mandelanteil

Etwas weniger streng geht es bei den geschützten geografischen Angaben zu: hier reicht es oft, dass ein Teil des Produktionsprozesses am Herkunftsgebiet stattfand. Auch gibt es meist keine strengen Regelungen dazu, wie das Produkt bearbeitet werden darf.

Die geschützten Bezeichnungen werden in das europäische „Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben“, kurz „EU-Qualitätsregister“, eingetragen.

Die geschützte geografische Angabe „Nürnberger Rostbratwürstchen“

Auch für „Nürnberger“ gibt es klare Regeln. So ist ein Nürnberger Rostbratwürstchen eine „7-9 cm lange Bratwurst im engen Schafsaitling mit mittelgrober Körnung“. Sowohl das Zerkleinern des Fleischs, als auch das Mischen von Fleisch und Gewürzen und das Befüllen der Saitlinge muss in Nürnberg stattfinden.

Geschütze geografische Bezeichnung Nürnberger Rostbratwürstchen

Verletzen Mini-Bratwürstchen das Recht an der Nürnberger Bratwurst?

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits steht die Frage, ob die „Mini Rostbratwürstchen“ der Firma Ostermeier aus Geiselhöring gegen das EU-Gütesiegel „geschützte geografische Angabe“ für Nürnberger Bratwürste verstoßen. Der Schutzverband Nürnberger Bratwürste unter Vorsitz von Rainer Heimler argumentiert, dass die kleinen Würstchen aufgrund ihrer Größe, des Verpackungsdesigns und der Verwendung von Majoran eine Assoziation mit den Nürnberger Originalen hervorrufen und somit gegen das Markenrecht verstoßen. Dabei wird der Name „Nürnberger“ durch die Firma Ostermeier an keiner Stelle benutzt.

Heimler stützt seine Argumentation unter anderem auf eine Umfrage, wonach 45% der Befragten die Ostermeier-Würstchen mit Nürnberg in Verbindung brachten. Des Weiteren kritisiert er die Verwendung von Bildern auf der Verpackung, die den Nürnberger Bratwürstchen in ihrer traditionellen Zubereitung mit Sauerkraut und urigem Topf sehr ähneln. Sowohl die Nürnberger Bratwürste als auch die „Mini Rostbratwürstchen“ weisen charakteristische Sprenkel vom Majoran auf. Er sieht in dem Vorgehen von Ostermeier eine gezielte „Irreführung“, um vom Ruf der Nürnberger Bratwürste zu profitieren. Er plädiert dafür, dass das Nürnberger Würstchenformat einzig den Nürnberger Herstellern vorbehalten bleiben sollte, um die strengen Vorgaben bei Inhaltsstoffen und Qualität zu schützen.

Die Gegenseite weist die Vorwürfe zurück. Sie betont, dass es in der Bezeichnung des Ostermeier-Produkts keinerlei direkte Hinweise auf Nürnberg gebe und die Ähnlichkeit in Größe und Aussehen rein zufällig sei. Die „Mini Rostbratwürstchen“ sollen sich geschmacklich von den Nürnberger Bratwürsten unterscheiden. Die Umfrage des Klägers sei methodisch nicht einwandfrei und daher nicht aussagekräftig.

Das LG München I sieht einen „spannenden Fall“

Laut der Pressestelle des LG München I gibt es keinerlei vergleichbare Rechtsprechung. Deshalb lies man das Ergebnis auch völlig offen. Eine Entscheidung möchte das Gericht am 7. Mai 2024 treffen. Das Urteil könnte weitreichende Folgen für den gesamten Markt der Bratwürste haben. Sollte sich der Schutzverband Nürnberger Bratwürste gegen Ostermeier durchsetzen, könnte dies zu einer Klagewelle gegen andere Hersteller von Nürnberger-ähnlichen Würstchen führen.

Fazit: Der Rechtsstreit um die Nürnberger Bratwurst und die „Mini Rostbratwürstchen“ wirft spannende Fragen nach Markenrecht, Verbraucherschutz und regionaler Identität auf. Das Urteil des Landgerichts München wird richtungsweisend für die Zukunft der traditionellen Nürnberger Bratwurst sein.

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