Telefonische Kaltakquise ist ein Thema, das sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer von großer Bedeutung ist. In Deutschland gibt es strenge Regelungen, die festlegen, wann und unter welchen Umständen ein Unternehmen potenzielle Kunden per Telefon kontaktieren darf. Die telefonische Werbung gegenüber Verbrauchern ist nur mit deren ausdrücklicher Einwilligung erlaubt. Bei Unternehmen kann eine mutmaßliche Einwilligung ausreichen, allerdings muss diese sich sowohl auf die Werbung als auch auf den Kommunikationsweg „Telefon“ beziehen.
Die folgenden Abschnitte erläutern die gesetzlichen Grundlagen und zeigen anhand eines aktuellen Gerichtsurteils auf, wie die rechtliche Lage bei telefonischer Kaltakquise ist. Besonders im Hinblick auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gibt es wichtige Aspekte zu beachten.
Übrigens: betroffene Verbraucher und Unternehmer können sich wehren. Die telefonische Kontaktaufnahme gegenüber Verbrauchern stellt fast immer einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Gegenüber Unternehmern wird meist in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verstoßen.
Wichtige Erkenntnisse
- Einwilligungspflicht: Telefonische Werbung ist gegenüber Verbrauchern immer nur mit deren Einwilligung erlaubt.
- Unternehmerkontakte: Bei Unternehmen kann eine mutmaßliche Einwilligung genügen, diese muss jedoch die Werbung selbst und den Kommunikationsweg „Telefon“ einschließen.
- DSGVO und UWG: Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist keine ausreichende Rechtsgrundlage für Telefonwerbung ohne Einwilligung.
- Rechtsprechung: Gerichte berücksichtigen bei der Bewertung von Telefonwerbung weiterhin vornehmlich die wettbewerbsrechtlichen Regelungen des § 7 UWG.
Was war geschehen?
Das OVG Saarland hat eine Grundsatzentscheidung gefällt: Die Klägerin, ein Unternehmen, speicherte Datensätze von Firmen aus öffentlich zugänglichen Verzeichnissen, um diese später telefonisch zu kontaktieren. Insbesondere Zahnarztpraxen wurden gefragt, ob sie Edelmetalle verkaufen. Noch vor Inkrafttreten der DSGVO wurde ein Untersagungsbescheid erlassen, den die Klägerin aufgrund der neuen Rechtslage aufgehoben haben wollte.
Wie hat das Gericht entschieden?
Das Gericht hat die Werbung weiterhin verboten und klargestellt, dass sich die Rechtslage durch die EInführung der DSGVO nicht geändert hat.
1. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist keine Rechtsgrundlage für telefonische Kaltakquise
Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes verneinte die Klage und wies die Berufung zurück. Es stellte klar, dass Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO keine Rechtsgrundlage für Telefonwerbung darstellt, da die Richtlinie 2002/58/EU nationale Vorschriften zulässt, die Telefonwerbung ohne Einwilligung verbieten.
2. Keine Unterscheidung zwischen Direkt- und Nachfragewerbung
Das Gericht führte aus, dass der Begriff „Werbung“ im UWG und der DSGVO nicht differenziert wird. Somit umfasst Telefonwerbung alle Anrufe zur Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen.
3. Bewertungsmaßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG
Werbeanrufe gegenüber Verbrauchern sind nur mit ausdrücklicher Einwilligung zulässig. Bei Unternehmern reicht eine mutmaßliche Einwilligung. Es muss dargelegt werden, dass der Unternehmer konkretes – nicht bloß abstraktes – Interesse an der Ware und Dienstleistung hatte und auch mutmaßlich damit einverstanden ist, das Produkt per Telefon angeboten zu bekommen. Die Bereitstellung einer Telefonnummer in öffentlichen Verzeichnissen gilt nicht als mutmaßliche Einwilligung.
4. Das Urteil ist nicht rechtskräftig
Das Urteil ist nicht Rechtskräftig; am Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ist eine Revision anhängig. Sie wird am 18. Dezember 2024 mündlich verhandelt. Wir legen uns fest: der Fall ist eindeutig und für die Telefonwerber nicht zu gewinnen.
Fazit
Die rechtliche Lage bei der telefonischen Kaltakquise ist klar: Ohne Einwilligung sind Anrufe gegenüber Verbrauchern unzulässig. Unternehmer können angerufen werden, wenn eine mutmaßliche Einwilligung vorliegt, die auch den Kommunikationsweg „Telefon“ umfasst. Unternehmen sollten sich stets an diese Regelungen halten, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Im Ergebnis bedeutet es, dass Kaltakquise per Telefon in der Praxis so gut wie immer rechtswidrig ist.
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FAQs
Ist telefonische Kaltakquise gegenüber Verbrauchern erlaubt?
Telefonische Kaltakquise ist gegenüber Verbrauchern nur mit deren ausdrücklicher Einwilligung erlaubt.
Wann ist telefonische Werbung gegenüber Unternehmern zulässig?
Telefonische Werbung gegenüber Unternehmern ist zulässig, wenn eine Einwilligung oder eine mutmaßliche Einwilligung vorliegt, die sich auch auf den Kommunikationsweg „Telefon“ bezieht.
Kann die DSGVO als Rechtsgrundlage für Telefonwerbung ohne Einwilligung herangezogen werden?
Nein, Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist keine ausreichende Rechtsgrundlage für Telefonwerbung ohne Einwilligung.
Was versteht man unter mutmaßlicher Einwilligung?
Mutmaßliche Einwilligung bedeutet, dass der Anrufer davon ausgehen darf, dass der Angerufene mit dem Werbeanruf einverstanden ist. Erforderlich ist danach, dass aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an der Telefonwerbung vermutet werden kann. Dieses Interesse muss sich nicht nur auf das Produkt, sondern auch auch auf den Kommunikationsweg „Telefon“ erstrecken.